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Barbara Strohschein
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Facebook und der Wert der Freundschaft

18. März 2014 · 3 min. Lesezeit · Kategorie: Datenethik & digitale Werte, Werte

Facebook und der Wert der Freundschaft

Wer viele Freunde hat, ist gut dran.
Freunde hören zu.
Freunde haben sich etwas zu erzählen.
Freunde helfen.
Freunde sind verschwiegen.
Freundschaft braucht Zeit.
Mehr Zeit als einmal Klicken.

„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt“….So beginnt ein Schlager aus den zwanziger Jahren.

Als ich anfing mich mit Facebook anzufreunden, habe ich mich gefragt: jeder ist hier wirklich mit jedem Freund? Über einen Klick, der eine Freundschaftsanfrage losschickt oder eine Freundschaftsanfrage bestätigt? Es ist natürlich ein gutes Gefühl, wenn über Facebook klar wird, wie viele Menschen wir kennen und mit wie vielen wir vernetzt sind. Schnell ist eine Nachricht, ein Foto, ein Kommentar mitgeteilt, was durchaus sinnvoll sein kann, um Bescheid zu wissen. Und dann?

Freundschaft bedeutet sehr viel mehr als nur Informationen auszutauschen und vernetzt zu sein.

Mit Freunden genießt man das Leben. Man vertraut ihnen, erzählt ihnen, was einen beschäftigt, ohne Angst haben zu müssen, dass es gegen einen verwendet wird. Freunde helfen, wenn wir in Not sind. Sie sind da, ohne viel zu fragen und etwas dafür zu verlangen.

Wir sind befreundet mit jemanden, den wir mögen, den wir interessant finden. Wenn wir uns mit jemandem sehr gut unterhalten können und verstanden fühlen, dann entsteht Zuneigung und Vertrauen; das, was wir heute so dringend brauchen.

Die Familie, die Partnerschaft, auch die Kollegen im Beruf bieten diese Möglichkeiten. Doch einen wichtigen Unterschied gibt es: in die Familie werden wir hineingeboren, wir haben sie uns nicht ausgewählt.

An die Liebespartner werden hohe Ansprüche gestellt, in Sachen Sex, Liebe, Dauer, Romantik und Sicherheit – eine Kombination von Wünschen, die nicht immer erfüllt werden. Mit Kollegen arbeiten wir unter ganz bestimmten Bedingungen zusammen: im Wettbewerb, unter Leistungsdruck, mit klaren Zielen. Das funktioniert natürlich umso besser, umso mehr sich Kollegen verstehen und akzeptieren. Aber das ist prinzipiell etwas anders, genau genommen. Die Freundschaft ist – im ursprünglichen Sinn – frei von solchen Bedingungen. Es gibt niemanden, der uns zu einer freundschaftlichen Beziehung zwingen kann. Wir können frei wählen. Nicht nur aus diesem Grund sind Freundschaften meist sehr viel stabiler als andere Beziehungen. Natürlich weiß ich auch, dass Freundschaften anfechtbar sind, nur unter bestimmten Bedingungen zustande kommen und einem nicht in den Schoß fallen. Wenn zum Beispiel Iris immer wieder ihre depressive Freundin Anna aufbaut, und Anna niemals fragt, wie es eigentlich Iris geht, wird die Freundschaft sich bald erschöpfen. Irgendwann fragt sich der Gebende – gleich ob es sich um Geld, Aufmerksamkeit, Zuwendung handelt: Denkt man auch mal an mich? Freundschaft braucht Pflege, die Bereitschaft, offen für Kritik zu sein und Zuverlässigkeit. Stellen wir uns einen „Freund“ oder eine „Freundin“ vor, die zu jeder Verabredung zu spät kommt, die sich an Abmachungen nicht hält, nur an sich denkt und sich immer einladen lässt, ohne selbst einzuladen und dazu noch empfindlich auf jeden Einwand und jede freundlich gemeinte Kritik reagiert. Lange wird es nicht dauern, und dann ist die Freundschaft am Ende.

Ein wirklicher Freund jedoch ist liebevoll, zuverlässig, anteilnehmend und hilfsbereit. Er kann ein wichtiger Spiegel sein, in dem wir uns selbst kritisch sehen können, ohne Angst vor Verlusten zu haben. Wie der Hirnforscher Gerald Hüther sagt: „Wir wachsen nur in Beziehungen!“

Der Wert einer Freundschaft liegt in der Verbindung aus Freiheit und Vertrauen, mit dem schönen Nebeneffekt, dass wir etwas über uns, die anderen und die Welt lernen.